Moderne Technik für dementiell Erkrankte – geht das?

von Viktoria Redl
Modere Technik für dementiell Erkrankte - geht das - Viktoria Redl

Tablet-PC bei Demenz

Bei der Recherche zur „digitalen Pflege“ ist mir eine Studie des „Zentrums für Qualität in der Pflege“ (ZQP) ins Auge gestochen: „Aktivierung von Menschen mit Demenz im Pflegeheim“. Es sollte die Wirkung von tablet-gestützter Aktivierung auf Lebensqualität, Wohlbefinden, Aktivitätsniveau und soziale Teilhabe bei dementiell erkrankten PflegeheimbewohnerInnen untersucht werden.
Ich finde, das ist ein sehr interessanter Aspekt für die Digitalisierung in der Pflege, insbesondere in der Langzeitpflege. Daher möchte ich ein paar Eckpunkte der Studie zusammenfassen.

 

Reduzierung der Medikation durch alternative Interventionsmöglichkeiten

Ein Pflegeheim in Deutschland beschäftigte sich seit längerem mit nicht-pharmakologischen Interventionsmöglichkeiten in der Versorgung von DemenzpatientInnen verschiedener Stadien und es konnten Erfolge hinsichtlich Reduzierung von Verhaltensauffälligkeiten und psychopharmakologischer Medikation, Erhalt von Lebensqualität und Zufriedenheitssteigerung bei Pflegepersonal und pflegenden Angehörigen verzeichnet werden.
Zur Beschäftigung demenzkranker BewohnerInnen sollte nun das Einsetzen von Tablets im Hinblick auf die Auswirkungen auf deren Lebensqualität, Aktivitätsniveau und soziale Teilhabe sowie der möglichen Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe oder Apathie getestet werden.

 

Doch wie kann das funktionieren?

Können ältere Menschen mit Demenz mit diesen modernen Geräten umgehen? Beziehungsweise, wollen sie das auch? Viele betagte Menschen haben auch eine Scheu gegenüber dieser Technik oder wollen sich nicht damit auseinandersetzen.
Doch es wurde beschrieben, dass speziell die Multifunktionalität der Tablets sowie die leichte Bedienbarkeit und Handhabung der Geräte eine ungeahnte Akzeptanz seitens der HeimbewohnerInnen beobachtet lies. Durch den interaktiven Touchscreen sind Tablets für kognitiv und sensomotorisch eingeschränkte Menschen sehr interessant und leicht zu bedienen.

 

Anwendung und Ergebnisse

Unter einer „Tablet-Aktivierung“ ist eine Stimulation der Sinne und des Bewusstseins zu verstehen. Die Aktivierungen fanden in Einzel- oder Gruppentrainings statt.
Verschiedene Apps und Anwendungsmöglichkeiten haben Potenzial dementiell erkrankte Menschen zu fördern:
– Kommunikationsmedium: um Kommunikation und soziale Interaktion anzuregen und zu trainieren
– in der therapeutischen Arbeit, wie beispielsweise Motivations- und Strategiearbeit
– kognitives Training
– Freizeitbeschäftigung
– Biografie- und Erinnerungsarbeit
– zum Abbau und Reduktion herausfordernden Verhaltens
– Kontakt- und Informationsmedium mit Angehörigen
Am häufigsten wurde das Tablet als Spielkonsole genutzt (Lern- und Spiele-Apps, Quiz, Rätsel, Musik/Geschichten hören). Aber auch zum Ansehen von Fotos und Diashows wurde gerne eingesetzt. Ebenso zur Videotelefonie bzw. Schreiben und Senden von Mails, um den Kontakt mit Angehörigen zu pflegen. Es wurde aber auch das Internet im Rahmen von Erinnerungs- und Biografiearbeit genutzt.

Bei der Untersuchung sollten Demenzschwere und neuropsychiatrische Verhaltensauffälligkeiten sowie die Lebensqualität zu verschiedenen Zeitpunkten eingeschätzt werden. Mit bedachtem Einsatz und guter Vorbereitung dieser speziellen Aktivierungseinheiten sowie mit Berücksichtigung didaktischer Prinzipien konnten durch die Intervention positive Veränderungen bei den HeimbewohnerInnen festgestellt werden. Jedoch wären weitergehende Untersuchungen notwendig, um genauere Aussagen bezüglich der potentiellen Verbesserungen treffen zu können.

 

Zielgruppe erkennen?

Die Computerbrache oder Bereiche der Appentwicklung sollte diese Zielgruppe analysieren. Es gäbe viele Möglichkeiten ältere Menschen zu erreichen und deren Alltag zu unterstützen bzw. Ressourcen zu fördern. Auch die sozialen Kontakte könnten angeregt werden.
In der beschriebenen Studie konnten Soft- und Hardware zum Teil evaluiert werden. Es wurde erkannt, dass größere/handlichere Tablets sowie große Icons und Schriftarten und weniger berührungsempfindliche Touchscreens von Vorteil für ältere Menschen wären.
Bei der Recherche von Apps, welche für dementiell erkrankte Menschen eingesetzt werden können, gab es wenig Erfolge. Häufig werden für SeniorInnen Kinder- oder Baby-Apps verwendet. Auch hier gibt es viele Anwendungsgebiete, um Apps speziell für diese Altersgruppe beziehungsweise auch für Erkrankungen zu entwickeln. Diese Technologie und dieser Ansatz könnte den Alltag zu Hause unterstützen oder den Kontakt mit Angehörigen erleichtern. Aber auch für die Anwendung in einer Pflegeeinrichtung wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine speziell auf Bedürfnisse und Fähigkeiten von Demenzkranken abzielende Software dazu beitragen kann, die Selbstständigkeit und damit die Autonomie der Betroffenen zu fördern und somit die Pflegenden entlasten könnte.

 

Erfahrungswerte?

Kennt ihr Apps, die speziell für SeniorInnen entwickelt wurden? Oder sind euch Apps bekannt, die auf bestimmte Erkrankungen spezialisiert sind?
Sind euch der Einsatz von Tablets und Apps für SeniorInnen im Familienumfeld oder sogar in einer Gesundheitseinrichtung bekannt? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

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