Ziele von (Pflege-)Klassifikationen – Teil 2

von Renate Nantschev
Ziele von Pflegeklassifikationen Teil2 - Vorteile und Nutzen in der Praxis - Renate Nantschev

Warum brauchen wir überhaupt Pflege-Klassifikationen? Vorteile und Nutzen für die Praxis.  

Der Trend, Pflegeklassifikationen in die Praxis einzuführen, ist momentan spürbarer denn je. Oftmals hängt das auch direkt mit der Einführung der elektronischen Dokumentation zusammen. Es besteht meist der Wunsch, standardisiert zu dokumentieren und möglichst einfach mit wenigen Klicks alles zu erfassen.

Aber warum braucht es wirklich Pflegeklassifikationen? Was ist der Sinn und der Nutzen für die Pflege? Der International Council of Nurses (ICN) formuliert folgende Gründe für den Gebrauch von standardisierter Pflegeterminologie:

  • Eine internationale, gemeinsame Sprache in der Pflege zu etablieren, um Pflegepraxis zu beschreiben.
  • Pflegedaten über Versorgungssettings hinaus für Pflegeforschung nutzen zu können.
  • Versorgungsschwerpunkte der pflegerischen Versorgung zu bestimmen.
  • Eine angemessene Ressourcenverteilung auf der Grundlage diagnostizierter PatientInnenbedürfnisse und identifizierter Pflegediagnosen zu bestimmen.

Da es nicht nur eine Pflegeklassifikation gibt, die alle Schritte im Pflegeprozess (Anamnese, Pflegediagnose, Ziele und Maßnahmen) abdeckt, ist die erste Entscheidung zu überlegen, was mit der Einführung einer Klassifikation erreicht werden soll. Manchmal ist es auch notwendig unterschiedliche standardisierte Pflegeterminologien zu kombinieren. Digitale Lösungen können hier wesentlich dazu beitragen, die gesamte Pflegeprozessdokumentation standardisiert zu erfassen.

Was ist aber der Nutzen von standardisierten Pflegeterminologien? Wie der Name schon vorwegnimmt, liegt der Nutzen in der Standardisierung von Sprache bzw. Daten.  In der direkten PatientInnenversorgung liegt der Vorteil in einer verbesserten und unmissverständlichen Kommunikation innerhalb der Berufsgruppe aber auch in der interprofessionellen Zusammenarbeit. Pflegeklassifikationen unterstützen die semantische Interoperabilität, was so viel bedeutet, dass es dadurch auch möglich ist einrichtungsübergreifend einheitlich und unmissverständlich Informationen auszutauschen.

Für die Organisationen wiederum besteht die Möglichkeit die in standardisierter Form vorliegenden Daten beispielsweise für Ressourcen und Kostenanalysen zu verwenden. Auch ein oft angestrebtes Benchmarking zwischen vergleichbaren Einrichtungen könnte ein möglicher Nutzen sein. Für die pflegerische Praxis liegt ein großer Teil des Nutzens von Pflegeklassifikationen darauf, Pflegeleistungen einheitlich zu beschreiben, Pflegeergebnisse standardisiert zu evaluieren und damit Pflegequalität messbar zu machen. Durch gezielte Forschungsansätze werden hierdurch Möglichkeiten eröffnet, neue Erkenntnisse für die Pflege zu generieren und dadurch wiederum Evidenz für die Praxis bereit zu stellen.

Den ersten Teil im Themenfeld „Pflegeklassifikationen“ findet ihr hier: Ziele und Stellenwert von Pflegeklassifikationen.

Literatur:

Maria Müller Staub. (2017). Pflegeklassifikationen : Anwendung in Praxis, Bildung und elektronischer Pflegedokumentation. Hogrefe.

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3 Kommentare

Christoph Berdenich
Christoph Berdenich 20. November 2020 - 14:21

Ich unterrichte zukünftige Gesundheits- und KrankenpflegerInnen im 3. Semester des Bachelorstudiengangs an der Pflegeakdemie der Barmherzigen Brüder, und zwar zum Thema „Pflegeklassifikationen und eHealth“. Eine meiner Fragen an die Studierenden war „welchen Nutzen seht ihr in der Verwendung einer Pflegeklassifikation“, mit der Bitte um Antwort in wenigen Worten. Ich möchte euch die (ungefilterten) Antworten nicht vorenthalten:

Überblick, Vereinheitlichung, Professionalismus, einfacher Ziele finden, Implementierung einer Pflegefachsprache, Vereinheitlichung Pflegeprozess, Hilfe, Generierung von Daten, einheitliche Pflege, Einheit in der Arbeit, Qualität, Professionalisierung in der Pflege, Versicherung, Kontinuität der Pflege, Einheitlichkeit, Messbarkeit, Qualitätssicherung, Sichtbarmachen der Pflege, „schönes Deutsch“ – lesbar, Diagnosen, gut für Datenerhebungen, Kontinuierlichkeit, Qualitativ hochwertige Pflege, Interventionen, bessere Pflegeplanung, besseres Outcome für Patient*Innen, Hilfestellung (für frisch diplomiertes Personal).

Ich denke dass die „Jungen“ die Vorteile schon ganz gut intus haben, was meint ihr?

Renate Nantschev
Renate Nantschev 23. November 2020 - 9:22

Hallo Herr Berdenich,
danke für den netten Kommentar und das zur Verfügungstellen der Statments von den Studierenden. Ich kann da nur zustimmen, unser Nachwuchs in der Gesundheits- und Krankenpflege kann die möglichen Vorteile der Verwendung von Klassifikationssystemen in der Dokumentation schon sehr gut benennen. Die nächste Schwierigkeit bzw. unsere Aufgabe wird es aber sein, diese Vorteile für die Praxis auch spürbar zu machen. Beispielsweise durch das Sichtbarmachen ihrer Leistung am Outcome der Patienten. Ich denke es ist wichtig, dass die Pflegenden auf den Stationen, die die Dokumentation leisten müssen, auch den Benefit davon erkennen sollten. Wie sehen Sie das?

Christoph Berdenich
Christoph Berdenich 24. November 2020 - 10:03

Hallo Frau Nantschev,
völlig richtig, diese Formen der Primär- und vor allem Sekundärdatenauswertung können helfen, Überzeugungsarbeit zu leisten. Natürlich wissen die Betroffenen auch, dass die Dokumentation einen gewissen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit fördert. Ich hatte bei der Lehrveranstaltung allerdings den Eindruck bzw. die Rückmeldung, dass die Dokumentation zumindest einmal als völlig alltägliches Element der Pflege gesehen wird, als zeitintensive Notwendigkeit, jedoch mit bewussten Vor- und Nachteilen. Ich denke, dass jede Forschung in diese Richtung (Sekundärdatenanalyse im Pflegeprozess mit Bezug zum PatientInnen-Outcome) ein Schritt in die richtige Richtung ist. Soweit ich weiß, beschäftigen Sie bzw. auch Frau Redl sich teilweise damit, ich bin gespannt ob hier auch der ein oder andere Blogbeitrag folgt 😉

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