Die Rolle der Pflegeinformatik in Bezug auf die PatientInnensicherheit

von Viktoria Redl

Die Rolle der Pflegeinformatik in der PatientInnensicherheit

PatientInnensicherheit ist ein zentrales Anliegen im Gesundheitswesen. Fehler in der Versorgung können schwerwiegende Folgen haben – und sind häufig vermeidbar. Die Digitalisierung und speziell die Pflegeinformatik bieten enorme Chancen, diese Sicherheit in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten nachhaltig zu verbessern.

 

Pflegeinformatik: Schnittstelle zwischen Pflegepraxis und Digitalisierung

Pflegeinformatik verknüpft Informationstechnologie mit der Pflegepraxis, um Prozesse zu standardisieren, Fehlerquellen zu minimieren und die Versorgungsqualität zu steigern. Sie ist die Schnittstelle zwischen Pflegefachkräften, IT und dem Qualitätsmanagement. In Gesundheitseinrichtungen bedeutet das: PflegeinformatikerInnen sind nicht nur für die Auswahl und Implementierung digitaler Systeme verantwortlich, sondern auch für deren Anpassung an die Bedürfnisse der Pflegepraxis.

 

Mögliche zentrale Anwendungsfelder der Pflegeinformatik in Bezug auf PatientInnensicherheit

Elektronische Medikationssysteme (EMS)

Medikationsfehler gehören zu den häufigsten Ursachen für vermeidbare Schäden im Gesundheitswesen. EMS sind eine der effektivsten Maßnahmen, um solche Fehler zu vermeiden. In Gesundheitseinrichtungen ermöglichen sie:

  • Automatisierte Prüfmechanismen: Systeme prüfen Dosierungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen automatisch, bevor eine Medikation verabreicht wird.
  • Barcode-Scanning: Die Identifikation von PatientInnen und Medikamenten per Barcode sorgt dafür, dass das richtige Medikament in der richtigen Dosierung zur richtigen Zeit verabreicht wird („5-Rights-Ansatz“).
  • Integrierte Dokumentation: Alle Medikamentengaben werden lückenlos erfasst, was die Nachverfolgbarkeit und Transparenz erhöht.

 

Künstliche Intelligenz und Frühwarnsysteme

KI-gestützte Systeme analysieren große Mengen an PatientInnendaten in Echtzeit und erkennen Risiken frühzeitig. In Gesundheitseinrichtungen bedeutet das:

  • Früherkennung von Komplikationen: Algorithmen werten Vitalparameter aus und warnen Pflegekräfte bei kritischen Veränderungen, etwa bei drohender Sepsis oder Herzrhythmusstörungen.
  • Analyse von Pflegedokumentationen: KI kann Muster erkennen, die auf potenzielle Fehler oder Risiken hinweisen, z.B. ungewöhnlich lange Liegezeiten oder wiederholte Stürze.
  • Entscheidungshilfen: KI-basierte Systeme geben evidenzbasierte Empfehlungen für die Behandlung und unterstützen Pflegekräfte in komplexen Situationen.

 

Digitale Hilfsmittel im Pflegealltag

Neben komplexen KI-Lösungen tragen auch einfache digitale Werkzeuge zur PatientInnensicherheit bei:

  • Erinnerungsfunktionen: Automatische Benachrichtigungen erinnern an wichtige Pflegemaßnahmen oder Medikamentengaben.
  • Checklisten und Protokolle: Digitale Checklisten sorgen für standardisierte Abläufe und verhindern Fehler durch Vergessen oder Unachtsamkeit.
  • Mobiler Zugriff auf PatientInnendaten: Pflegekräfte können aktuelle Vitalwerte und Pflegedokumentationen jederzeit am PatientInnenbett abrufen und so schneller auf Veränderungen reagieren.

 

Die Pflegeinformatik als Treiber der PatientInnensicherheit in Gesundheitseinrichtungen

PflegeinformatikerInnen haben eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung und Einführung digitaler Lösungen in Gesundheitseinrichtungen. Sie sind nicht nur für die technische Umsetzung, sondern auch für die Integration und Akzeptanz der Systeme im Pflegealltag verantwortlich.

 

Prozessoptimierung und Standardisierung

Durch die Digitalisierung werden Prozesse standardisiert und Fehlerquellen reduziert. PflegeinformatikerInnen sorgen dafür, dass digitale Systeme die Arbeitsabläufe unterstützen und nicht behindern. Sie analysieren bestehende Prozesse, identifizieren Schwachstellen und entwickeln Lösungen, welche die Sicherheit und Effizienz erhöhen.

 

Interoperabilität und Datenaustausch

Ein zentrales Thema ist die Interoperabilität – also die Fähigkeit verschiedener Systeme, Daten auszutauschen. In Gesundheitseinrichtungen ist es entscheidend, dass elektronische Krankenakten, Medikationssysteme und andere Anwendungen nahtlos zusammenarbeiten. PflegeinformatikerInnen sind gefordert, Schnittstellen zu entwickeln und die Integration neuer Technologien voranzutreiben.

 

Datenschutz und IT-Sicherheit

Die Verarbeitung sensibler PatientInnendaten erfordert höchste Standards beim Datenschutz und bei der IT-Sicherheit. PflegeinformatikerInnen müssen darauf achten, dass Systeme gegen unbefugten Zugriff geschützt sind und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Die wachsende Bedeutung der Datensicherheit spiegelt sich auch in aktuellen Gesetzesinitiativen wider, die die Anforderungen an den Schutz von Gesundheitsdaten weiter verschärfen.

 

Kontinuierliche Weiterbildung und Akzeptanz

Die rasche Entwicklung neuer Technologien erfordert eine kontinuierliche Weiterbildung der Pflegekräfte. PflegeinformatikerInnen sind gefordert, Schulungen anzubieten und die Akzeptanz digitaler Lösungen zu fördern. Die Einbindung von Pflegekräften in die Entwicklung und Optimierung neuer Systeme ist entscheidend, um deren Bedürfnisse zu berücksichtigen und die Nutzung zu erleichtern.

 

Mögliche Erfolge und Herausforderungen

Erfolge
  • Reduzierung von Medikationsfehlern: In vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen konnte durch den Einsatz von EMS die Fehlerquote deutlich gesenkt werden.
  • Früherkennung kritischer Zustände: KI-gestützte Frühwarnsysteme ermöglichen eine frühzeitige Intervention und verbessern die Überlebenschancen von PatientInnen.
  • Effiziente Dokumentation: Digitale Pflegedokumentationen reduzieren den Zeitaufwand und erhöhen die Qualität der Daten.
Herausforderungen
  • Datenschutz und IT-Sicherheit: Die steigende Zahl von Cyberangriffen erfordert robuste Sicherheitskonzepte.
  • Interoperabilität: Viele digitale Lösungen sind noch nicht ausreichend miteinander vernetzt.
  • Akzeptanz und Nutzung: Die Einführung neuer Technologien scheitert oft an mangelnder Akzeptanz oder fehlenden Schulungen.

 

Zukunftsperspektiven

Die Pflegeinformatik wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der PatientInnensicherheit in Gesundheitseinrichtungen spielen. Weitere Innovationen wie Telepflege, Internet der Dinge (IoT) und Big Data werden die Möglichkeiten zur Überwachung und Prävention weiter ausbauen. PflegeinformatikerInnen sind gefordert, diese Entwicklungen aktiv zu begleiten und die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben.

 

Fazit

Die Pflegeinformatik ist ein Schlüsselfaktor für die PatientInnensicherheit in Gesundheitseinrichtungen. Sie ermöglicht es, Prozesse zu standardisieren, Fehlerquellen zu reduzieren und die Versorgungsqualität nachhaltig zu verbessern. PflegeinformatikerInnen sind gefordert, die Digitalisierung aktiv zu gestalten, Pflegekräfte einzubinden und die Weiterentwicklung der Systeme voranzutreiben. Nur so kann die PatientInnensicherheit langfristig gewährleistet und die Qualität der Gesundheitsversorgung weiter gesteigert werden.

 

 

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