KI-Kompetenz in Gesundheitseinrichtungen

von Viktoria Redl

KI-Kompetenz in Gesundheitseinrichtungen

Künstliche Intelligenz (KI) verändert das Gesundheitswesen grundlegend. Von der Diagnostik über die Optimierung von Therapieplänen bis hin zur Verwaltung und Dokumentation – KI-Systeme bieten enorme Chancen, bringen aber auch neue Risiken und regulatorische Anforderungen mit sich. Die EU-KI-Verordnung (AI Act) stellt seit 2024 klare Vorgaben für den Einsatz von KI, insbesondere auch im Gesundheitsbereich. Ein zentrales Element ist die sogenannte KI-Kompetenz (AI Literacy), die von allen Mitarbeitenden gefordert wird, die mit dem Betrieb oder der Nutzung von KI-Systemen zu tun haben.

 

Hintergrund und Zielsetzung der KI-Kompetenz im AI Act

 

Weshalb ist KI-Kompetenz notwendig?

KI-Systeme sind in vielen Bereichen bereits etabliert und werden zunehmend auch in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheitswesen eingesetzt. Mit der Verbreitung dieser Technologien wachsen jedoch auch die Risiken – etwa durch Fehleinschätzungen, algorithmische Verzerrungen (Bias) oder Missbrauchsmöglichkeiten. Der AI Act der EU zielt darauf ab, den Einsatz von KI transparent, sicher und ethisch verantwortungsvoll zu gestalten.

 

Ziel der KI-Kompetenz

Die KI-Kompetenz soll sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden, die mit KI-Systemen arbeiten, sowohl deren Funktionsweise als auch die damit verbundenen Chancen und Risiken verstehen. Dies umfasst technisches Grundwissen, die Fähigkeit zur Risikoabschätzung und die Kenntnis rechtlicher und ethischer Rahmenbedingungen. Ziel ist es, Fehler, Missbrauch und Schäden durch unzureichendes Wissen zu vermeiden und die Vorteile von KI optimal auszuschöpfen.

 

Verpflichtungen für Gesundheitseinrichtungen

 

Allgemeine Verpflichtungen

Der AI Act verpflichtet alle Organisationen – unabhängig von Größe und Risikostufe – sicherzustellen, dass Mitarbeitende, die mit dem Betrieb oder der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ausreichende KI-Kompetenz verfügen. Dies gilt auch für Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder medizinische Labore.

 

Risikobasierte Anforderungen

Während die meisten Pflichten des AI Act an die Risikoklassifizierung von KI-Systemen geknüpft sind, gilt die Verpflichtung zur KI-Kompetenz unabhängig davon. Auch wenn ein KI-System als „geringes Risiko“ eingestuft wird, müssen die Nutzer über die notwendigen Kenntnisse verfügen.

 

Verbotene Anwendungen

Zusätzlich müssen Gesundheitseinrichtungen sicherstellen, dass keine verbotenen KI-Anwendungen – etwa zur Verhaltensmanipulation oder zum Social Scoring – eingesetzt werden. Diese sind in Artikel 5 des AI Act explizit ausgeschlossen.

 

Inhalte der KI-Kompetenz-Schulung

 

Eine effektive KI-Kompetenz-Schulung für Gesundheitseinrichtungen sollte folgende Inhalte abdecken:

  • Einführung und Orientierung
    • Grundlagen der Künstlichen Intelligenz: Definition, Historie und aktuelle Entwicklungen
    • Unterschied zwischen schwacher und starker KI
    • Anwendungsbeispiele im Gesundheitswesen (z.B. Diagnostik, Dokumentation, Therapieplanung)
  • Technische Funktionsweise und Daten
    • Wie arbeiten KI-Systeme mit Daten?
    • Bedeutung hochwertiger, repräsentativer Daten
    • Sensibilisierung für algorithmische Verzerrungen (Bias) und deren Vermeidung
  • Recht und Regulierung
    • Überblick über die EU-KI-Verordnung (AI Act)
    • Risikoklassifikationen und Transparenzvorgaben
    • Rechte und Pflichten im Umgang mit KI-Systemen
    • Haftungsfragen und Compliance-Anforderungen
  • Verantwortung und Ethik
    • Ethische Grundsätze im KI-Einsatz
    • Schutz der Patientendaten und Privatsphäre
    • Gesellschaftliche Auswirkungen von KI im Gesundheitswesen

 

Themenbereiche und Fortschritt der KI Kompetenzschulung; created with Napkin

 

Vorgehensweise zur Implementierung und regelmäßigen Sensibilisierung

 

Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse

Im ersten Schritt sollte der aktuelle Kenntnisstand der Mitarbeitenden erhoben werden. Dies kann durch Befragungen oder Workshops erfolgen. Ziel ist es, Wissenslücken und Schulungsbedarf zu identifizieren.

 

Entwicklung eines Schulungskonzepts

Basierend auf der Bedarfsanalyse wird ein individuelles Schulungskonzept entwickelt. Dieses sollte praxisnah und auf die spezifischen Anforderungen der Gesundheitseinrichtung zugeschnitten sein. Besonders geeignet sind interaktive Online-Sessions, Präsenztrainings oder Blended-Learning-Ansätze.

 

Durchführung von Schulungen

Die Schulungen sollten regelmäßig und in kleinen Gruppen durchgeführt werden, um einen optimalen Lerneffekt zu erzielen. Neben der Vermittlung von Fachwissen ist auch die Sensibilisierung für ethische und rechtliche Aspekte wichtig.

 

Entwicklung interner Richtlinien und Verhaltensregeln

Zur nachhaltigen Umsetzung empfiehlt sich die Entwicklung interner Richtlinien und Verhaltensregeln für den Umgang mit KI-Systemen. Diese sollten klar kommuniziert und regelmäßig aktualisiert werden.

 

Regelmäßige Sensibilisierung und Weiterbildung

KI ist ein dynamisches Feld. Daher ist eine kontinuierliche Sensibilisierung und Weiterbildung der Mitarbeitenden unerlässlich. Dies kann durch regelmäßige Updates, Newsletter, Workshops oder E-Learning-Module erfolgen. Auch die Einbindung von Experten und die Nutzung von Best-Practice-Beispielen aus anderen Gesundheitseinrichtungen können die Nachhaltigkeit der Maßnahmen erhöhen.

 

Erfolgskontrolle und Feedback

Die Wirksamkeit der Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen sollte regelmäßig überprüft werden. Dies kann durch Feedback-Befragungen, Tests oder die Analyse von Fehlerquoten im KI-Einsatz erfolgen.

 

Erfolgsfaktoren für nachhaltige und sichere Nutzung von KI im Gesundheitswesen, created with Napkin

 

Fazit

Die KI-Kompetenz ist ein zentrales Element des AI Act und für Gesundheitseinrichtungen von großer Bedeutung. Sie sichert einen verantwortungsvollen, rechtssicheren und ethisch vertretbaren Einsatz von KI-Systemen im Gesundheitswesen. Eine strukturierte, praxisnahe und regelmäßige Schulung der Mitarbeitenden ist dabei unerlässlich. Nur so können die Potenziale von KI optimal genutzt und Risiken minimiert werden. Die Implementierung eines nachhaltigen Schulungs- und Sensibilisierungskonzepts ist daher eine zentrale Aufgabe für Führungskräfte und Verantwortliche in Gesundheitseinrichtungen. Ergänzend dazu fördern interne Richtlinien und klare Handlungsrahmen die sichere und effektive Nutzung von KI-Systemen. Ebenso essenziell sind strategische Ansätze zur langfristigen Integration von KI in bestehende Arbeitsprozesse sowie eine gelebte Fehlerkultur, die einen offenen und konstruktiven Umgang mit Herausforderungen im KI-Einsatz ermöglicht.

 

Quellen:

Digital Austria

Erwachsenenbildung

Czernich Rechtsanwälte

Nuvio

TÜV

 

 

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