Pflege 4.0

von Viktoria Redl

Pflege 4.0

Das Schlagwort „Pflege 4.0“ ist immer öfter zu hören und auf unterschiedlichsten Plattformen zu lesen. Doch wofür steht „Pflege 4.0“ eigentlich? Welchen Einfluss hat es auf den Gesundheitsbereich und wie denken Pflegekräfte darüber? Mit ein wenig Recherche habe ich ganz interessante Artikel zu diesen Fragen gefunden.

Revolutionsstufen

Pflege 4.0 steht im engen Zusammenhang mit der letzten industriellen Revolution, weswegen ich zu allererst auf diese eingehen möchte.

Wird eine Produktionstechnologie entwickelt, welche sich komplett von der vorhergehenden unterscheidet, wird auch von einer industriellen Revolution gesprochen. Durch diese Entwicklungen ändern sich auch unsere Arbeitsbedingungen und Lebensweisen. Die industriellen Revolutionen wurden bisher in vier Stufen zusammengefasst.

Die erste industrielle Revolution begann im 18. Jahrhundert. Diese wurde durch die Nutzung der Dampfkraft und der Mechanisierung der Produktion geprägt. Im 19. Jahrhundert begann durch die Entdeckung der Elektrizität und Fließbandfertigung die zweite industrielle Revolution. Durch die Teilautomatisierung anhand speicherpogrammierbaren Steuerungen und Computern wurde die dritte industrielle Revolution in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eingeläutet. Aktuell befinden wir uns in der vierten industriellen Revolution. Diese ist durch die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Industrie charakterisiert.

Abbildung der vier Revolutionsstufen (Quelle: https://iiot-world.com/connected-industry/status-and-trends-in-the-global-manufacturing-sector/)

 

Pflege 4.0

Die Revolutionsstufen betreffen nicht nur die Industrie. Jedes andere Gewerbe und Unternehmen ist damit konfrontiert und dadurch auch davon abhängig.

Somit wird Pflege 4.0 als Teil der vierten industriellen Revolution definiert, welche sich durch die Integration von digitalen Systemen im Gesundheits- und Pflegesektor auszeichnet. Roboter ergänzen menschliche Fachkräfte. Diese sind ausdauernd und können relevante Informationen auswerten. Hervorzuheben sind jedoch vernetzte und intelligente technische Systeme. Innovative Technologien sollen die Pflegefachkräfte entlasten sowie die Lebensqualität von Pflegebedürftigen erhöhen und verändern somit das Berufsbild der Pflege.

 

Tätigkeitsfeld Pflege 4.0

Mit Anbetracht des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels können digitale Technologien einen großen Mehrwert für die Arbeit der Pflegekräfte sowie auf den Pflegeprozess bieten.

Technische Innovationen im Pflegesektor und digitale Dokumentations- sowie Kommunikationsmöglichkeiten können die Pflege in ihrem alltäglichen Arbeitsumfeld entlasten. Das immer präsenter werden, der cyber-physikalischen Systeme wird auch als digitale Transformation bezeichnet. Die Entwicklung der Pflege 4.0 kann in drei Abschnitte gegliedert werden:

  • intelligente Informations- und Kommunikationsstrukturen
  • Roboter
  • vernetzte Technik sowie Sensorik, Hilfs- und Monitoringsysteme.

 

Anwendung und Kompetenzanforderungen

Pflegekräfte müssen den Umgang mit diesen neuen Technologien und Anwendungen erst erlernen. Ebenso führt die Implementierung digitaler Arbeitsmethoden zu einem Change-Prozess in den jeweiligen Einrichtungen. Das sind Gründe, welche bestimmte Kompetenzanforderungen und somit auf eine Anpassung in der Berufsausbildung notwendig machen.

Die Gesellschaft für Informatik (GI) in Deutschland hat 2017 Leitlinien für den Erwerb digitaler Kompetenzen in Pflegeberufen definiert: „Leitlinien Pflege 4.0 Handlungsempfehlungen für die Entwicklung und den Erwerb digitaler Kompetenzen in Pflegeberufen“. Es wird beschrieben, dass IT-Grundlagen vermittelt werden und aufbauende Module einer IT-Vertiefung zur Verfügung stehen müssen. Eine modulare Form der Weiterbildung, welche zeitlich und örtlich flexibel ist, wäre zu empfehlen, sodass diese je nach Beschäftigungsausmaß und familiären Möglichkeiten in Anspruch genommen werden kann. Die Weiterbildung würde die Attraktivität des Berufsfeldes steigern und kann Qualifizierungs- sowie Aufstiegschancen fördern.

Der Beirat IT-Weiterbildung hat für die Ausarbeitung der Leitlinien fünf Handlungsfelder identifiziert:

  • Rahmenbedingungen
  • Attraktivität
  • Kollaboration und Partizipation
  • Datenschutz und Ethik
  • Aus-, Fort- und Weiterbildung.

 

Wie denkt die Pflege darüber?

In Deutschland wurde 2017 der Forschungsbericht „Pflege 4.0 – Einsatz moderner Technologien aus der Sicht professionell Pflegender“ von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Offensive Gesund Pflegen (OGP) veröffentlicht. Im Rahmen dieses Projektes wurde die fortschreitende Technisierung im Gesundheitswesen aus Sicht der Pflege in Bezug möglicher Chancen, Hemmnisse und Entwicklungsperspektiven erhoben. Hierzu wurde eine Literaturrecherche, zwei Workshops und eine schriftliche Befragung von 576 VertreterInnen der Branche durchgeführt.

 

Laut den Ergebnissen kann die pflegerische Arbeit durch den Einsatz der Technologien unterstützt werden. Die größten Potentiale werden in einer besseren Vernetzung und Kommunikation, einer einfacheren Informationssammlung und –verarbeitung, einer effizienteren Arbeitsorganisation und einer Reduzierung der körperlichen Belastungen gesehen. Als Herausforderungen werden allerdings die bisher geringe Partizipation der Pflege bei der Technikentwicklung, den Datenschutz und die Refinanzierung angemerkt.

Die Pflege selbst ist interessiert an den Technologien und akzeptiert diese, wenn sie erfolgreich im pflegerischen Alltag implementiert wurden und sicher genutzt werden können. Daher sind die Fachkräfte auf einen sachgerechten Umgang mit den neuen Technologien vorzubereiten. Dies muss künftig in Aus-, Fort- und Weiterbildungen berücksichtigt werden. Die nachfolgenden Tabellen des Forschungsberichtes fassen weitere Erkenntnisse zusammen.

zentrale Ergebnisse im Allgemeinen “Pflege 4.0” (Quelle: bgw: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf)

 

zentrale Ergebnisse zur elektronischen Dokumentation “Pflege 4.0” (Quelle: bgw: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf)

 

zentrale Ergebnisse zu Telecare/Telemedizin “Pflege 4.0” (Quelle: bwg: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf)

 

zentrale Ergebnisse zu technischer Assistenz “Pflege 4.0” (Quelle: bwg: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf)

 

zentrale Ergebnisse zu Robotik “Pflege 4.0” (Quelle: bwg: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf)

 

Potentiale einer Pflege 4.0

Digitalisierung und Technik dient der Kostendämpfung und zur Entlastung der Pflegekräfte. Ebenso kann in ländlichen Regionen die Gesundheitsversorgung optimiert werden. Darüber hinaus können technische Assistenzsysteme die Selbstständigkeit von pflegebedürftigen Menschen im eigenen zu Hause verlängern.

Von der Bertelsmann Stiftung habe ich folgende Studie gefunden: „Potenziale einer Pflege 4.0 – Wie innovative Technologien Entlastung schaffen und die Arbeitszufriedenheit von Pflegefachpersonen in der Langzeitpflege verändern“. In dieser wurden folgende quantitative Wirkungsabschätzungen erläutert.

Durch den Einsatz von Technologien können die Arbeitsbedingungen der Pflegenden verbessert werden. Kapazitäre Entlastungen in Form von Arbeitszeitersparnissen und Reduzierung der Fehlzeiten wirken sich positiv auf die Arbeitskosten aus. Ein sinnvoller Einsatz von Technologien kann somit die Arbeits- als auch die Pflegequalität optimieren.

Aber auch die tatsächliche Durchführung der einzelnen Tätigkeiten kann unterstützt werden. So können durch den Einsatz von Pflegetechnologien Aufgaben effizienter und sicherer durchgeführt werden und führen dadurch zu einer höheren Zufriedenheit der Pflegekräfte.

Insbesondere die Verbesserungen von Pflegeleistungen aufgrund einer digitalen Dokumentation gibt den Fachkräften Souveränität. Sie schafft eine Evidenzbasis und gibt den Pflegenden Sicherheit.

Mit Hilfe von intelligenten und vernetzten Dokumentationssystemen kann eine partizipative und transparente Dienstplanung erfolgen.

Kommunikation unter allen an der Pflege Beteiligten sowie mit den Betroffenen selbst wird gestärkt.

 

Quellen:

Desoutter: Online im WWW unter URL: https://www.desoutter.de/industrie-4-0/news/459/industrielle-revolutionen-von-industrie-1-0-zu-industrie-4-0 (Zugriff am 07.01.2022)

Watermann (2017). Pflege 4.0 Auswirkung auf die praktische Berufsausbildung von Pflegekräften; Grin: Online im WWW unter URL: https://www.grin.com/document/383437 (Zugriff am 07.01.2022)

BWG Forschungsbericht: Online im WWW unter URL: https://www.bgw-online.de/resource/blob/20346/e735030f6178101cf2ea9fa14e1bc063/bgw09-14-002-pflege-4-0-einsatz-moderner-technologien-data.pdf (Zugriff am 07.01.2022)

GI: Leitlinien: Online im WWW unter URL: https://gi.de/fileadmin/GI/Hauptseite/Aktuelles/Aktionen/Pflege_4.0/GI_Leitlinien_Digitale_Kompetenzen_in_der_Pflege_2017-06-09_web.pdf (Zugriff am 07.01.2022)

Bertelsmann Stiftung: Online im WWW unter URL: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/Pflege_4.0_final.pdf (Zugriff am 07.01.2022)

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