Humanoide Roboter in der Pflege – vom empathischen Begleiter bis zur Assistenz

von Viktoria Redl

Humanoide Roboter in der Pflege – vom empathischen Begleiter bis zur Assistenz

Der Einsatz humanoider Roboter in der Pflege ist längst keine Zukunftsmusik mehr. Weltweit werden Technologien erprobt, die Pflegeteams unterstützen, Bewohner:innen aktivieren oder den Pflegealltag erleichtern sollen. Während viele Modelle noch in Pilotprojekten getestet werden, sind einige Systeme bereits fester Bestandteil des Alltags in Pflegeeinrichtungen. Ein besonders spannendes Beispiel ist Navel, ein sozial-empathischer Roboter, der in Österreich und Deutschland bereits regelmäßig im Einsatz ist.

 

Navel – ein empathischer Roboter für den Pflegealltag

Der von navel robotics entwickelte Roboter Navel wurde speziell für den Einsatz in Pflegeeinrichtungen konzipiert. Sein Schwerpunkt liegt nicht auf körperlicher Unterstützung, sondern auf sozialer Interaktion und kognitiver Aktivierung. Seit 2024 ist er in mehreren Einrichtungen, unter anderem bei der Evangelischen Heimstiftung, fest in den Alltag integriert.

Navel, der Empathieroboter für Pflegeeinrichtungen (Quelle: navelrobotics.com)

 

Was macht Navel besonders?

Navel erkennt Gesichter, Blickrichtung und Stimmungen und reagiert darauf empathisch. Über ein KI-gestütztes Dialogsystem führt er Gespräche, erzählt Geschichten, rezitiert Gedichte oder sorgt mit Witzen für Unterhaltung. Darüber hinaus kann er Quizrunden moderieren, Musik abspielen und Bewohner:innen aktiv in Gespräche einbeziehen.

Die Bedienung ist bewusst einfach gehalten und erfüllt hohe Datenschutzstandards – ein entscheidender Punkt für die Integration in Pflegeorganisationen.

 

Nutzen in der Praxis:
  • Kognitive Aktivierung durch spielerische Aufgaben, Quiz oder Geschichten.
  • Emotionale Unterstützung durch Gespräche, Musik und empathische Interaktion.
  • Soziale Integration durch Gruppenaktivitäten, die Navel moderiert oder begleitet.

Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass Navel das Wohlbefinden und die Stimmung von Bewohner:innen verbessert. Für Pflegekräfte bedeutet er bisher weniger direkte Arbeitsentlastung, da ihm die Mobilität fehlt. Sein Wert liegt aktuell vor allem im Bereich emotionale Begleitung und Aktivierung.

 

Weitere humanoide Roboter im Überblick

Neben Navel gibt es weltweit zahlreiche weitere humanoide Roboter, die in Pilotprojekten oder ersten Praxisanwendungen getestet werden. Die Liste stellt einen Auszug an humanoiden Robotern und Einsatzmöglichkeiten dar:

 

Roboter/Projekt Land/Region Einsatzschwerpunkt Status 2025
AIREC Japan Umlagern, Körperpflege, feinmotorische Tätigkeiten Pilot in Krankenhäusern
GARMI Deutschland greifen von Objekten, Telemedizin, Reha-Übungen Forschung / Pilotprojekte
Charlie (ROBUST-Projekt) Deutschland kognitive Aktivierung, emotionale Unterstützung Pilot in Pflegeheimen
Cera KI-Roboter Großbritannien Pflegebesuche, Vitalparameter, Medikationserinnerung Regelbetrieb (3.000 Einsätze/Woche)
HoLLiE Deutschland Dokumentationshilfe, administrative Aufgaben Pilotprojekte
Robody Schweiz Logistik: Türen öffnen, Material transportieren, Erinnerungen Pilot in Einrichtungen
Neo Gamma (1X) Norwegen Haushaltsassistenz (Putzen, Kochen, Wäsche) Testphase in Haushalten
Pepper International Empfang, Unterhaltung, Animation weit verbreitet, Rückgang durch Wartungs- und Kostenaufwand
Grace USA, Hongkong Gesprächspartner für ältere Menschen, Gesundheitsmonitoring Prototyp
Nadine Singapur, Japan sozialer Begleiter, emotionale Unterstützung Pilotprojekte in Langzeiteinrichtungen
Romeo Frankreich Unterstützung älterer Menschen (Mobilität, Erinnerung) Forschungsprojekt
Eve Norwegen Unterstützung bei einfachen, nicht medizinischen Tätigkeiten Pilotprojekte

 

Diese Beispiele zeigen die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten: von körperlicher Unterstützung über emotionale Aktivierung bis hin zur Übernahme von Dokumentations- und Routineaufgaben.

 

Entwicklungstrends und Ausblick

Humanoide Roboter stehen 2025 an einem Wendepunkt: Einige Modelle wie Navel sind bereits im Pflegealltag etabliert, während körperlich unterstützende Systeme wie AIREC oder GARMI noch in der Erprobung sind.

Die zentralen Trends:

  • Soziale Robotik: Emotional unterstützende Systeme sind am weitesten verbreitet, da sie technisch ausgereift und leicht in den Alltag zu integrieren sind.
  • Administrative Entlastung: Roboter wie HoLLiE oder Robody eröffnen neue Wege zur Reduktion von Administrations- und Organisationslast.
  • Telemedizinische Integration: Cera zeigt, dass humanoide Roboter auch Versorgungsprozesse aktiv unterstützen können.
  • Körperliche Assistenz: Hier liegen die größten technischen Hürden (Feinmotorik, Sicherheit), aber auch das größte Potenzial zur echten Arbeitsentlastung.
  • Akzeptanz und Ethik: Der Erfolg hängt stark davon ab, wie gut Roboter als Ergänzung – nicht als Ersatz – wahrgenommen werden.

 

Fazit

Humanoide Roboter werden die Pflege nicht ersetzen, sondern ergänzen. Sie eröffnen neue Chancen für soziale Teilhabe, emotionale Unterstützung und organisatorische Entlastung. Mit weiterem technischen Fortschritt könnten sie in Zukunft auch stärker bei körpernahen Aufgaben unterstützen. Für die Pflegeinformatik bedeutet das: Die Integration humanoider Roboter entwickelt sich von Pilotprojekten hin zu strategischen Bausteinen moderner Versorgung.

 

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